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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2007
Aktenzeichen: 6 W 188/06
Rechtsgebiete: BGB, RPflG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 247
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 494 a
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 188/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke als Einzelrichterin

am 17. April 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 30.9.2005 - 51 O 40/04 - werden auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 18.5.2005 über die bereits festgesetzten Kosten in Höhe von 3.616,00 € hinaus weitere von der Klägerin an die Beklagten zu erstattende Kosten in Höhe von 3.596,00 € (i. B. dreitausendfünfhundertsechsundneunzig und 0/100 EUR) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 20.6.2005 festgesetzt.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 3.596,00 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat Klage gegen die beiden Beklagten erhoben, nachdem sie bereits ein selbständiges Beweisverfahren u. a. auch gegen die beiden hiesigen Beklagten zum Aktenzeichen LG Potsdam 6 OH 42/01 durchgeführt hat. Die Klägerin nahm die Klage zurück.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 18.5.2005 die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Die Beklagten haben ihre Kosten zur Festsetzung angemeldet, darunter eine 10/10-Beweisgebühr in Höhe von 3.596,00 €.

Der Rechtspfleger hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30.9.2005 die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt, die Festsetzung der Beweisgebühr jedoch mit der Begründung abgelehnt, die im selbständigen Beweisverfahren angefallene Beweisgebühr sei vorliegend nicht erstattungsfähig, weil das Gericht nicht zum Ausdruck gebracht habe, dass durch die Benutzung des Ergebnisses des selbständigen Beweisverfahrens beweisbedürftige Umstände geklärt werden sollten.

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 5.10.2005 zugestellt worden ist, wenden sich die Beklagten mit ihrer am 19.10.2005 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Antrag auf Festsetzung der Beweisgebühr weiterverfolgen.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 3.8.2006 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Auf die sofortige Beschwerde war die Beweisgebühr zugunsten der Beklagten festzusetzen.

Das Landgericht ist mit der Ablehnung der Festsetzung der Beweisgebühr der bisher wohl überwiegenden Auffassung gefolgt. Danach erstreckt sich die Kostengrundentscheidung nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren (§ 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO) nicht auf die im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen. Zur Begründung wird ausgeführt, eine Berücksichtigung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bei den Kosten des Hauptsacheverfahrens sei grundsätzlich nur möglich, wenn im Hauptsacheverfahren eine abschließende Entscheidung über den Streitgegenstand erfolge. Das sei bei der Klagerücknahme nicht der Fall. Denn der Rechtsstreit sei gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen. Der Kläger könne somit die zurückgenommene Klage erneut erheben und damit den Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens erneut einführen. Erst in diesem Prozess werde dann über diejenigen Tatsachen und Beweisfragen sachlich mitentschieden, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens gewesen seien. Je nach Ausgang dieses Verfahrens und der dort getroffenen Kostengrundentscheidung fielen die Kosten des Beweisverfahrens dem Kläger oder dem Beklagten zur Last. Im Hinblick auf diese Möglichkeit könnten die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht von der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst werden. Dem Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens sei es freilich unbenommen, zur Realisierung der ihm im dortigen Verfahren entstandenen Kosten eine Kostengrundentscheidung gemäß § 494 a ZPO im selbständigen Beweisverfahren zu erwirken.

Dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof in zwei jüngst ergangenen Entscheidungen nicht gefolgt und hat eine andere Rechtsauffassung vertreten, der sich der erkennende Senat anschließt.

Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13.12.2006 (XII ZB 176/03) entschieden hat, werden die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO im Hauptsacheverfahren umfasst, wenn die Parteien und der Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens und des Hauptsacheverfahrens identisch sind. Das folgt aus dem Grundsatz, dass über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stets im Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist und nur ausnahmsweise, wenn trotz Fristsetzung keine Hauptsacheklage erhoben worden ist, eine Kostenentscheidung gemäß § 494 a ZPO ergehen darf (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2004, VII ZB 11/03).

Einer Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Kosten des Hauptsacheverfahrens nach Klagerücknahme steht auch nicht entgegen, dass der Kläger erneut Klage erheben kann und die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens dort entsprechend der Entscheidung in der Hauptsache aufgeteilt werden können. Gleiches gilt für die Kosten einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht. Auch diese Kosten bleiben nach Klagerücknahme Kosten des Rechtsstreits, obwohl das Beweisergebnis in einem späteren über denselben Streitgegenstand geführten Prozess von den Parteien erneut verwertet werden kann.

Auch die Fiktion des § 269 Abs. 3 ZPO, wonach der Rechtsstreit bei Klagerücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen ist, kann an der Zugehörigkeit der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten der Hauptsache nichts ändern. Denn der Rechtsstreit bleibt wegen der Kosten anhängig (§ 269 Abs. 3 Satz 2 Abs. 4, 5 ZPO). Die bis dahin entstandenen Kosten werden von der Kostenentscheidung deshalb stets umfasst (vgl. BGH Beschluss vom 13. Mai 2004, V ZB 59/03, NJW 2004, 2309 , 2010; OLG Celle JurBüro 1984, 1581 ).

Ausgehend von diesen Grundsätzen gehören im vorliegenden Fall die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens. Denn der Streitgegenstand ist identisch, die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits mit denen des selbständigen Beweisverfahrens teilidentisch. Dies ist ausreichend, um Identität zwischen selbständigen Beweisverfahren und dem vorliegenden Rechtsstreit anzunehmen.

Als Kosten des Hauptverfahrens wird die Beweisgebühr von der Kostenentscheidung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO erfasst und ist von der Klägerin zu erstatten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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